Künstleratelier

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Das Kunstprojekt wurde in einem deutsch-französischen Künstleratelier realisiert. In zwei solcher gemeinsamen Ateliers erschufen 32 deutsche und französische Künstler in 16 binationalen „Duos“ 16 großformatige Gemälde („placards“, gemalt auf Holzplatten, 3,60 x 2,60 m). Diese setzten sich vor dem Hintergrund der Geschichte des KZ-Komplexes Natzweiler mit dem Thema „La Fraternité/Brüderlichkeit“ auseinander und waren/sind zur Ausstellung im öffentlichen Raum bestimmt.

Die 16 binationalen Künstler*innen und ihre Werke:

Ann Loubert, Bernard Latuner, Christiane Bricka, Didier Guth, Elham Etemadi, Eva Schaeuble, Gabi Streile, Germain Roesz, Haleh Zahedi, Harald Gruber, Isolde Wawrin, Jacques Thomann, Jean Baptiste Defrance, Johannes Mundinger, Jost Schneider, Jürgen Zimmermann, Louis Danicher, Luc Demissy, Marie-Jo Daloz, Marie-Pascale Engelmann, Max Wetter, Mike Überall, Mina El Bakali, Pascal H. Poirot, Rainer Braxmaier, Sabine Brand Scheffel, Sylvie Villaume, Veronika Olma, Vincent Krüger, Walter Jung, Werner Schmidt, Wolfgang Ebert.

Der Kunstverein PlakatWandKunst hat zum Kunstprojekt eine eigene Website erstellt. Dort werden alle Künstler*innen und ihre Werke in zwei Sprachen (Deutsch und Französisch) vorgestellt. Zur Website bitte HIER entlang.

Die Künstlerin Sylvie Villaume hielt während der Ateliers ihre Gedanken zur Zusammenarbeit der binationalen Künstlerduos fest und verfasste ein Werk, welches über das CERD erworben werden kann.

Die folgenden ersten sechs Werke wurden in Stuttgart im Haus der Wirtschaft ausgestellt. Die darauf folgenden zwölf Werke wurden im CERD ausgestellt. Alle Werke gingen nach den Parallelausstellungen auf Wanderausstellung in den Natzweiler-Gedenkstätten.

Vincent Krüger – Pascal Poirot

Die Leiter dominiert dieses künstlerische Werk. Auf der einen Seite stellt sie das Bindeglied zwischen den Menschen dar, so wie auch die Rheinbrücke, die Frankreich und Deutschland verbindet, symbolisch dafür steht. Auf der anderen Seite jedoch steht die Leiter auch für den Drang, sich erheben zu wollen – oder auch einen Überblick zu erhalten. Dieses Werk ist die bildnerische Auseinandersetzung zwischen zwei sehr unterschiedlichen Charakteren, welche sich in der Wahl entgegengesetzter Strukturen und Farben wiederspiegelt. Die Künstler spielten sich aufeinander ein, so dass eine Annäherung, ein Sich-Einlassen auf andere Malweisen und Weltsichten zu erkennen ist.


Max Wetter – Mina El Bakali

In diesem Werk setzen sich rötliche und gelbe Farbflächen spannungsvoll mit einer dunkleren gemalten „Architektur“ auseinander. Diese tendenziell raumgreifende Architektur ist bestimmt von quadratischen Strukturen, die mit blatt- oder tropfenförmigen Elementen verschmelzen. Die Strukturen sind dabei an Werke des Künstlers und Architekten Giovanni Battista Piranesi angelehnt. In den Farbflächen der linken Bildseite sind menschliche Gesichter gefangen – Männer und Frauen, umrahmt von feinem Gitterwerk und vom Verschwinden bedroht.
 
Damit wird ein weiterer Bezugspunkt des Bildes deutlich: Dantes „Inferno“, die mythologische Beschreibung einer Höllenfahrt, Urbild einer existentiellen Gefangenschaft des Menschen. Doch stecken in der inneren Spannung des Bildes auch viele positive Energien, die durch Zusammenarbeit und Austausch zweier unterschiedlicher Künstlerpersönlichkeiten entstehen.

Isolde Warwin – Marie Pascale Engelmann

„Es ist, wie es ist…
ein Boot, eine Leiter
so fing es an
das Pferd, die Pflanzen, Ameise und Feuerwanze repräsentieren die Schöpfung und ihre Fülle als Hoffnung auch an Orten des Entsetzens und der Erinnerung – an unfassbares Leid.“ – so die beiden Künstlerinnen
 
Das Bild entwirft eine Gegenwelt zu dem, was im Lager geschah und was heute in der Gedenkstätte ausgestellt wird. Es ist die Welt des Lebendigen, der Tiere und der Pflanzen. Sie drücken eine Hoffnung aus. Leiter und Boot sind vielleicht Möglichkeiten, dorthin zu gelangen. Doch diese Mittel des „Ausstiegs“ hängen in der Luft, der Weg bleibt unsicher – aber die ganze Atmosphäre des Bildes sagt: es gibt ihn.

Harald Gruber – Bernard Latuner

Horizontal durch das Bild zieht sich eine Brücke, sie trennt die warmen von den kühlen Farben – Sonnenuntergang und Wasser und symbolisiert die Verbindung und die Brüderlichkeit der beiden Nationen Deutschland und Frankreich. An der Brücke sind ein Smartphone und ein Tablet befestigt, sie zeigen die namentlichen „Botschaften“ der beiden Maler als medial vermitteltes Angebot zur Kommunikation. Bernard Latuner bringt mit Eiche und Lilien deutsche und französische Wappen-Pflanzen ein, dazu mit feiner Ironie ein Labyrinth. Harald Gruber zeigt den Plan der Welt als Idealgarten, basierend auf Ideen des Bauhaus-Künstlers Johannes Itten. “ Diese gestalterische Arbeit ist im Laufe der Zeit (virtuell) zusammengewachsen zu einem Lehrgarten-Konzept, dem der Künstler den Arbeitstitel MINI MUNDIS gegeben hat. Wie und ob die Kommunikation „läuft“, werden die Betrachter entscheiden.


Veronika Olma – Marie Jo Daloz

In diesem Werk stehen sich zwei sehr unterschiedliche Stile gegenüber und finden nebeneinander Platz – eine dunkle „Vergangenheit“ und eine lichtere Zukunft – oder auch eine lichte Gegenwart und eine dunklere Zukunft. Interessant erscheint die Gestaltung der Übergangszone. Auf den ersten Blick sind beide Seiten voneinander getrennt, doch nähert man sich dem Werk erkennt man die Einbrüche der hellen Farben ins Dunkle und umgekehrt. Im schwarzen Feld erkennt man einen „Doppelhund“, sein Urbild stammt aus einer Porzellanmanufaktur in Nazideutschland, in welcher auch Zwangsarbeiter beschäftigt waren.


Jürgen Zimmermann – Luc Demissy

Um dieses Bild zu erschaffen, haben sich die Künstler auf das Malen mehrerer Figuren in Bewegung konzentriert. Luc Demissy malte die Figuren und Jürgen Zimmermann schliff das Werk immer und immer wieder, bis fast alles Gemalte verschwunden war. Dieser Prozess des Malens und Schleifens wurde mehrmals wiederholt, bis die Künstler mit dem Ergebnis zufrieden waren. Über die Hälfte der getanen Arbeit ist auf dem Werk nicht mehr erkennbar. Das Bild ist dadurch größtenteils verschwunden, so wie die Erinnerung an die Vergangenheit. Was übrig bleibt, ist wichtiger als das, was geschaffen wurde. Die 12 europäischen Sterne wurden aus Blattgold gefertigt, um ihren Wert darzustellen. Sie symbolisieren das Abbild der Vollkommenheit – dass, was in uns strebt, um zu einer Einheit zu verschmelzen. Die Sterne umschließen das Bild in einem ewigen Kreis und bewahren so die Erinnerung.


Werner Schmidt – Christiane Bricka

Auf die gleiche Landschaft malend, ihre Farben und Gesten nur wenig variierend, hat sich ihre Sensibilität abgestimmt, um ausholende Streifen und kleine Gesten sowie starke Gesten und feine Striche zum Vibrieren bringen. Brüderlichkeit = eine Landschaft für zwei.


Sabine Brand Scheffel – Germain Roesz

Die Tiefe und die Klarheit der Farben, mit denen beide gern arbeiten, erzeugt in ihrem Duo eine frühlingshafte Frische. Sie setzen Farbschichten (Abstraktion) und präzise Gesten (Andeutung von Formen) übereinander. Brüderlichkeit = Auf dass sie hell und strahlend sei!

Gabi Streile – Elham Etemadi

Breite, dicke Striche von Gabi Streile, luftigere Farbgebung und weiße Zeichnung von Elham Etemadi: ihre beiden Malarten sprudeln vor Freude und Energie über. Ihre gemeinsame Farbpalette zeigt ihren starken Willen sich auszutauschen, mit gewissen Einschränkungen. Ihre Gesten feiern das Leben, lassen die Formen vibrieren, die anfangen zu spielen. Brüderlichkeit = ein Paradies der Formen und Farben

Johannes Mundinger – Ann Loubert

Ihre Realisation zeigt einen aufgeteilten Raum, strukturiert und dynamisch. Selbst aus dem Hintergrund entspringende Barrieren, bremsen den Leitfaden nicht. Spuren, Formen, Figuren und Farben weisen Lücken auf. Eine andere Idee der Öffnung, ein Augenschmaus. Brüderlichkeit = Übergang und Translation.

Rainer Braxmaier – Haleh Zahedi

In ihrer Malerei wirken die Figuren ein bisschen wie Vögel, und das Boot, in dem sie sitzen, navigiert und sinkt zugleich. Ihr dezent schwarzer Humor drückt die tragikomische Komplexität der Existenz aus. Brüderlichkeit = Platz für die Verletzlichkeit des anderen.

Jost Schneider – Jacques Thomann

Eine Landschaft lebhafter Eingriffe, von jedem einzeln, oder von beiden gemeinsam, sowohl Spaß als auch Konzentration beim Malen ausdrückend. Brüderlichkeit = Teilen, ohne darüber zu diskutieren.

Eva Schaeuble – Didier Guth

Ein abstrakter Künstler, eine figurative Künstlerin. Ihre Realisation wird durch feine Abgrenzungen, durch Ummalen jedes figurativen Elementes, und durch die sich ergänzenden Farben bestimmt. Von ihren leuchtenden Farben heben sich Figuren wie notwendige Schatten ab.
Brüderlichkeit = ein erfolgreiches Treffen.

Wolfgang Ebert – Jean Baptiste Defrance

Bei diesem Duo mischen sich die Eingriffe, sie widersprechen und ergänzen sich, bis sich eine Struktur abgerundeter Ecken aufdrängt und an einen Verhandlungstisch einlädt. Kolorierte Grautöne  sind hier Materie und Symbol des Austauschs. Brüderlichkeit = Verhandlungsstoff.

Walter Jung – Sylvie Villaume

Die große Form im Zentrum dieses Bildes ist, je nach Empfinden des Betrachters, leicht oder schwer. Je nachdem, ob sie Knochen oder Wolke ist, drängt sie uns, als Knochen, ihre konzentrierte Energie auf, oder schwebt, als Wolke, über einem bunten Schachbrettmuster, einer Picknickdecke ähnelnd. Hier heben sich die Formen ab und ergeben eine klare Linie. Brüderlichkeit = Absichten neu definieren.


Mike Überall – Louis Danicher

Ihr Bild zeigt uns eine bewaldete Landschaft, die ihre Geheimnisse tief in ihrer bildlichen Wildnis verbirgt. Wie ein Bindestrich unterstreicht Weiß stellenweise die lebhaften Farben. Brüderlichkeit = Vereinigung von Energie.