Das doppelte Ende des Konzentrationslagers Natzweiler

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a) Das erste Ende: Evakuierung und Entdeckung des Hauptlagers (Sept. – Nov. 1944)

Nach ihren beiden Landungen in Frankreich rücken die Alliierten im Jahr 1944 nach Osten in Richtung Nazideutschland vor. Am 25. November entdecken sie das erste Konzentrationslagers im Bereich der Westfront: Natzweiler-Struthof. Doch die amerikanischen Soldaten betreten ein leeres Lager  –  alle Häftlinge sind evakuiert worden. Für sie ist das Ende der Hölle noch nicht gekommen; das „Lager Natzweiler“ ist nur nach Osten auf die andere Rheinseite  verschoben worden; dort geht die Gewalt bis April 1945 unvermindert weiter.

Das Lager Natzweiler im November 1944. © NARA

Die Kommandantur wird im November in zwei Dörfer am Neckar verlegt und dort reorganisiert. Von dort aus befehligt und verwaltet der Kommandant die noch bestehenden 16 und die ab Herbst eröffneten 25 neuen Außenlager auf der anderen Rheinseite.

Karte „Die Ostverschiebung des KZ-Komplex Natzweiler“. © Arno Huth/Antoine Robaglia

b) Tödliche Anstrengung: Außenlager und Rüstungsindustrie

Rund 20 000 Häftlinge werden zwischen dem 1. September 1944 und März 1945 neu als Häftlinge von Natzweiler registriert.
Fast alle arbeiten für die Kriegswirtschaft. Der harte Winter, die Arbeit bis zur Erschöpfung und die Mangelsituation verschärfen ihr Elend, die Sterblichkeit steigt.

Arbeitsunfähige werden ins Lager Vaihingen/Enz gebracht, dieses entwickelt sich zum Sterbelager.

Während Nazi-Deutschland militärisch langsam zusammenbricht, gelingt eine erstaunliche Reorganisation des „Konzentrationslagers Natzweiler“. Es besteht als einziges Stammlager in seinen Außenlagern fort.

Karte „‘Natzweiler’ rechts des Rheins ab November 1944“. © Arno Huth/Antoine Robaglia

c) Das wirkliche Ende: Evakuierung und Todesmärsche (März/April 1945)

Mit der Rheinüberquerung der Alliierten im März 1945 beginnt das wirkliche Ende des „Konzentrationslagers Natzweiler“. Die Außenlager werden geräumt, die Häftlinge zu Fuß oder in Güterzügen meist Richtung Dachau, aber auch Bergen-Belsen und Buchenwald geschickt.

Sie sollen auf keinen Fall dem „Feind“ in die Hände fallen.

Die Transporte und Kolonnen sind viele Tage unterwegs und legen trotz Mangelverpflegung Hunderte von Kilometern zurück. Wer zurückfällt, riskiert die Erschießung. Aufgrund der hohen Opferzahlen und der ständigen Bedrohung durch die SS, aber auch durch Bombenangriffe sprechen die Häftlinge von Todesmärschen.

Häftlinge auf dem Todesmarsch. Zeichnung von Mieczysław Wisniewski. © Hubert Roßmann

Spätestens jetzt wird die deutsche Bevölkerung am Rand der Wege unmittelbar Zeuge des Elends der Häftlinge. Die Toten verscharrt man vor Ort.

Die Überlebenden werden unterwegs, in Dachau oder auf weiteren Märschen in  Richtung Alpen befreit. Das KZ Vaihingen wird von der französischen Armee befreit.